“Dogs do speak, but only to those who know how to listen.” – Orhan Pamuk
„Der will doch nur spielen“. Wirklich?
Eines ist klar: Mensch und Hund sprechen nicht dieselbe Sprache. Während wir Menschen mit Wörtern und Floskeln nur so um uns werfen und auch den eigenen Vierbeiner allzu gerne „volltexten“, wählen Hunde meist eine andere Form der Kommunikation: Sie zeigen nonverbal, wie sie sich fühlen.
Ein Exkurs in die Welt der Kommunikation
„Man kann nicht nicht kommunizieren.“ – Paul Watzlawick, österreichischer Philosoph und Psychotherapeut
Im alltäglichen Leben sind sowohl Mensch als auch Tier ständig auf die Kommunikation mit Artgenossen und anderen Lebewesen angewiesen.
Kommunizieren Hunde miteinander, haben sie ein reichhaltiges Repertoire an Signalen zur Verfügung, die dem sozialen Informationsaustausch dienen. Menschen setzen meist auf die verbale Form der Kommunikation, erzählen aber auch viel durch ihre Körpersprache, Gestik und Mimik. Tiere setzen ebenfalls Laute ein – „sprechen“ aber viel häufiger nonverbal durch visuelle, taktile sowie olfaktorische Signale.
Der Hund hat sich im Zuge der Domestikation und dem jahrtausendelangen Leben mit dem Menschen die bemerkenswerte Fähigkeit der interspezifischen, also zwischenartlichen Kommunikation angeeignet.
Die zwei Seiten der Kommunikation: Sender und Empfänger
Damit Kommunikation zustande kommt, muss es ein Individuum geben, das eine Nachricht übermittelt und auf der anderen Seite eines, das diese aufnimmt und interpretiert.
Die Bedeutung der durch den Sender übermittelten Botschaft hängt demnach zuletzt von der subjektiven Beurteilung durch den Empfänger ab.
Am Beispiel eines fiependen Hundewelpen, der auf sich aufmerksam machen möchte: Das Hundejunge gibt in diesem Falle als Sender ein auditives Signal – es möchte von seinem Menschen nach draußen gebracht werden, um sein Geschäft zu verrichten. Der Mensch, der hier als Empfänger fungiert, hat nun die Möglichkeit, diese Verhaltensäußerung dementsprechend zu deuten und den Welpen rechtzeitig nach draußen zu bringen.
Die meisten Hundebesitzer können sich aber bestimmt noch an Situationen wie diese erinnern: Man kennt sein vierbeiniges Gegenüber noch kaum, kann die Signale nicht richtig einschätzen – und schwupps, hat man schon das feuchte Malheur am Teppich.
Über die Unterscheidung von Signal und Auslöser
- Als Signal wird jede Verhaltensäußerung eines Individuums beschrieben, mit der ein Kommunikationspartner beeinflusst werden soll.
Hier spielt es keine Rolle, ob interspezifisch oder intraspezifisch kommuniziert wird. Signale können angeboren oder auch erst später erworbene Verhaltensweisen sein. (siehe obiges Beispiel: Der Hundewelpe fiept in der Wohnung, um darauf aufmerksam zu machen, dass er sein Geschäft verrichten muss). - Ein Auslöser ist ein angeborenes Kommunikationsmittel, das auf einem speziell für die Kommunikation entwickelten Ausdrucksverhalten beruht. (Beispiel: Ein Fischweibchen bedient sich eines bestimmten Schwimmstils, um ihre Nachkommen zum Mitschwimmen anzuregen).
Das Sozialverhalten: Welche Arten von Signalen es gibt und wie man sie unterscheiden kann
Wie auch wir Menschen sind Hunde soziale Wesen, die ihrem Gegenüber durch Signale bestimmte Informationen übermitteln wollen. Der Haushund hat sich allerdings nicht nur optisch in eine andere Richtung als seine wilden wölfischen Vorfahren entwickelt – vielmehr veränderte sich auch das Ausdrucksverhalten durch das enge Zusammenleben mit dem Menschen.
Einige Verhaltensweisen und Kommunikationsmittel des Hundes sollen im Folgenden näher beschrieben werden:
Visuelle Kommunikation
Tiere im Allgemeinen – und damit auch Hunde – teilen sich ihrem Gegenüber bevorzugt über sichtbare optische Signale mit.
Allein schon im Gesicht des Vierbeiners kann viel passieren, was Rückschlüsse auf seine Absichten zulässt: Zurückgezogene Lefzen, gerunzelte Stirn, gekräuselter Nasenrücken, angelegte Ohren – eindeutige Signale, mit denen jeder Hundehalter umzugehen wissen sollte. Auch die Haltung von Kopf, Gliedmaßen und Rute sowie die Körperspannung und die Körperausrichtung sagen viel über Gemütszustand und etwaige darauffolgende Verhaltensweisen aus.
Taktile Kommunikation
Als taktil wird die Kommunikation durch Berührungen bezeichnet. Diese kann also nur im direkten Nahbereich stattfinden, wo Körperkontakt möglich ist. Je nachdem, in welcher Situation sich der Hund befindet, kann es hier zu Reibereien oder angenehmen Kontakten – wie Kontaktliegen, gegenseitiger Körperpflege und gemeinsamem Spiel – kommen.
Dem agonistischen Verhaltenskreis zuzuordnen sind hingegen z.B. Kopfauflegen, Rempeln oder auf den Boden drücken.
Olfaktorische Signale
Der Geruchssinn ist der mit Abstand wichtigste Sinn des Hundes. Das von uns Menschen häufig als nervig und unverständlich empfundene Urinmarkieren, Schnüffeln und Kosten der Körperausscheidungen ist für unsere vierbeinigen Gefährten eine wichtige Form der biochemischen Kommunikation.
Durch olfaktorische Signale (also Hinterlassenschaften aus Körperöffnungen und Drüsen) können Botschaften an einen Empfänger übermittelt werden, ohne dass dieser gleichzeitig mit dem Sender anwesend sein muss. Andere Hunde beteiligen sich gerne an dieser Kommunikation, indem sie die Urinmarkierung beispielsweise noch überpinkeln – was wiederum eine Nachricht für den nachfolgenden Empfänger ist.
Auditive Kommunikation
Wir Menschen bedienen uns am liebsten der gesprochenen Sprache. Die Vokalisation ist beim Hund der Körpersprache nachgeordnet – nimmt aber ebenfalls einen wichtigen Stellenwert ein. Häufig gezeigte akustische Signale des Hundes sind Bellen, Winseln, Fiepen, Knurren und Heulen. Dieses große Repertoire an Lautäußerungen ist mutmaßlich auf das lange Zusammenleben des Hundes mit dem Menschen zurückzuführen.
So bellen Hunde aus Freude oder Erregung, geben Warnlaute von sich, versuchen, das Gegenüber auf Abstand zu halten oder kläffen aus Frust. Hundehalter können meist gut zwischen den einzelnen Tonlagen und der Lautstärke unterschieden: oft deuten hohe Töne auf einen freundlichen, wenig bedrohlichen Erregungszustand hin, während tiefe Töne in vielen Fällen mit einer Drohung oder Unzufriedenheit des Hundes einhergehen. Die Dauer und Frequenz der Belllaute lässt zudem Rückschlüsse auf die Dringlichkeit des Anliegens zu.
Das eher leise Winseln und Fiepen tritt durchweg in Zuständen von Stress, Angst oder Unruhe auf; oftmals auch, wenn der Hund damit Aufmerksamkeit erhalten möchte.
Knurren als ein äußerst wichtiges Warn- und Drohsignal des Hundes sollte niemals auf die leichte Schulter genommen werden. Leider erliegen zu viele Hundehalter dem Irrglauben, man müsse Hunden das Knurren verbieten – und rauben ihnen damit einen bedeutsamen Teil der auditiven Kommunikation.
Heulen kommt bei Haushunden nicht mehr so häufig vor wie bei Wölfen. Das Lautsignal des Heulens tritt meist in Erregungszuständen auf – etwa wenn der Hund jemanden begrüßt, sich einsam fühlt oder – bei fortpflanzungsfähigen Tieren – als Einladung an eventuell anwesende Paarungspartner.
Ausdrucksverhalten des eigenen oder eines fremden Hundes deuten: 5 wichtige Signale
Eine Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligte aufeinander Rücksicht nehmen. Dies gilt für Hundehalter – und gleichermaßen auch für Menschen, die keine Hunde haben.
Dank der langen Phase der Domestikation und Anpassung des Hundes an den Menschen ist es häufig auch dem weniger hundeerfahrenen Menschen möglich, zu erkennen, wie ein Hund sich fühlt und was er mit seinen Verhaltensweisen sagen möchte.
Voraussetzung hierfür ist eine gute Beobachtungsgabe – und ein wenig Einfühlungsvermögen. Meist kann man bei der Maxime „Was du nicht willst, was man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“ beginnen:
Wie fühlst du dich beispielsweise, wenn jemand dich ungefragt und plötzlich angreift? Was geht in dir vor, wenn jemand mit dir schimpft, obwohl du nicht weißt, was du falsch gemacht hast? Welche Emotionen überkommen dich in einer dir unbekannten Situation, der du schutzlos ausgeliefert bist?
In solchen Verhältnissen finden sich Haushunde tagtäglich in unserer hektischen, modernen Gegenwart wieder – und sollen bedingungslos funktionieren. Dabei wird allzu häufig vergessen, dass ein Lebewesen kein Roboter ist und entsprechend manchmal anders reagiert als erwartet.
Wenn du aber auf die folgenden 5 wichtigen Signale achtest, wird es dir in Zukunft viel leichter fallen, deinen vierbeinigen Liebling einzuschätzen.
1. Schlecken, Gähnen, Blinzeln: Über die Beschwichtigungssignale des Hundes
„Der hat ohne Vorwarnung zugebissen.“ Nicht selten hört oder liest man Aussagen wie diese, wenn es um Beißvorfälle geht. Schlicht und einfach falsch – kaum ein Hund beißt zu, ohne vorher zu signalisieren, dass ihm diese Situation absolut nicht in den Kram passt oder er sich extrem unwohl und bedrängt fühlt.
Zu wenige Hundehalter wissen allerdings um diese wichtigen Kommunikationsmittel: Sie nennen sich Beschwichtigungssignale bzw. „Calming Signals“. In den 80er-Jahren entdeckte die norwegische Hundetrainerin und Sachbuchautorin Turid Rugaas während ihrer Untersuchungen diese immer wieder gezeigten Verhaltensweisen. Hunde klettern in ihnen unangenehmen Situationen eine „Eskalationsleiter“ hoch, die vermeiden soll, dass es zu einem Angriff kommt. Dafür wenden sie zu Beginn meist den Kopf ab, gähnen und blinzeln, lecken sich über die Nase oder schlecken ihr Gegenüber ab. Wenn all diese Verhaltensweisen keinen Erfolg bringen, kommt eine Warnung des Hundes; meist ein Knurren oder das Fletschen der Zähne. Leider wurde hier schon eine Schwelle überschritten – und trotzdem sind viele Hundebesitzer der Ansicht, das Knurren müsste dann noch unterbunden und „verboten“ werden. Keine gute Idee: Wer einem Hund auf einer solchen Stufe der Eskalationsleiter keinen Raum lässt, wird ihn im schlimmsten Fall dazu bringen, in einer darauffolgenden ähnlichen Situation die vorher gezeigten Beschwichtigungssignale zu überspringen und direkt zu aggressivem Verhalten überzugehen.
2. Schwanzwedeln: Nicht immer ein Zeichen der Freude
Wenn Hunde mit der Rute wackeln, gehen viele Menschen davon aus, dass sich das Tier freut. Das mag in einigen Fällen durchaus zutreffen, aber: Nicht jedes Schwanzwedeln drückt automatisch Freude aus.
Wenn ein Hund seine Rute schnell hin und her bewegt, befindet er sich schlicht und einfach in einem Erregungszustand – und dieser kann positiv oder negativ behaftet sein.
Mit freiem Auge ist kaum zu erkennen, was ein Hund wirklich mit seinem Schwanzwedeln ausdrücken möchte – vielmehr sollte auf die gesamte Körperhaltung und auch auf die Mimik geachtet werden:
Ein angespannter Hund, der steif in eine Richtung starrt, fühlt sich trotz wedelndem Schwanz in der Situation nicht wohl, ist angespannt oder in einer Sequenz des Jagdverhaltens – während einer, dessen ganzer Körper in Schwung ist, sich meistens wirklich über die Begegnung freut.
3. Pfötchen heben: Niedlich, aber nicht immer positiv
Wenn Hunde ihr Pfötchen heben, versetzt das die meisten Halter in Verzückungsrufe – häufig zeigt dieses Verhalten aber an, dass sich der Hund gestresst oder unwohl fühlt und das Gegenüber beruhigen möchte.
4. Hektisches Kratzen oder Pfotenbeißen: Hol mich bitte aus der Situation!
Wenn ein Hund sich unvermittelt kratzt oder an den Pfoten kibbelt, muss dies nicht immer bedeuten, dass es ihn auch juckt – vielmehr kann dies eine Übersprunghandlung sein, die auf Unsicherheit und Unwohlsein hindeutet. Hier gilt es, den Hund aus der unangenehmen Situation zu entfernen oder ihm genügend Sicherheit bzw. Raum zu bieten.
5. Angespannte Situationen rechtzeitig umgehen
Bei Hunden verhält es sich wie bei uns Menschen: Mit manchen würden wir am liebsten Pferde stehlen und bei anderen sind wir froh, sie nicht in unserem Leben zu haben. Auch Hunde verstehen sich nicht mit jedem Artgenossen – und zeigen eine solche Abneigung meist auch frühzeitig an. Wenn ein Hund sehr geradlinig und mit angespannter, steifer Körperhaltung und/oder leicht gesenktem Kopf auf einen Artgenossen zugeht, solltest du die Situation frühzeitig auflösen, indem ihr gemeinsam einen Bogen um den anderen Hund lauft oder die Richtung wechselt. Du solltest dabei versuchen, ruhig und gelassen zu bleiben. Um den Erregungszustand danach zu reduzieren, biete deinem Liebling doch ein Alternativverhalten, wie ein kleines Suchspiel, an.
Fazit: Rücksichtnahme und Beobachtung ist das A&O
Du siehst: Hundeverhalten und die Körpersprache des Hundes zu deuten und ihre Form der Kommunikation zu verstehen ist gar nicht so schwer – wenn man sich ein wenig darauf einlässt und sich damit auseinandersetzt. Unsere Vierbeiner tun so viel dafür, von uns verstanden zu werden. Jetzt liegt es an uns, diese Bemühungen auch ernst zu nehmen und zu respektieren!
#achtsamkeit #daskleingedruckte #körpersprache #objektivebeobachtung
Wir – von der Hundeschule Willenskraft & Akademie – arbeiten mit Fotos & Video’s. Diese Tools helfen uns die Körpersprache der Hunde noch detaillierter und schneller lesen zu lernen: Probiere es doch einfach mal aus! Vergesse allerdings nicht, dass erst das Beschreiben deiner Beobachtung und DANN die Interpretation kommt – das verwechseln manche Menschen gerne.
Die folgenden Illustrationen von Lili Chin & Dr. Sophia Yin sollen einen Überblick der Hundesprache geben
Hier gelangt ihr jeweils zu den kostenlosen Free-Download Seiten von Dr. Sophia Yin und Lili Chin: Posters, Handouts und mehr! Vielen herzlichen Dank, an dieser Stelle, für eure großartige Arbeit – die Posters haben schon vielen Menschen geholfen die Körpersprache des Hundes besser verstehen zu können!
Quellenangaben & Literatur zum weiter Lesen:
Emotionen bei Hunden Lesen lernen – Katja Krauss & Gabi Maue (Klick mich!)
Emotionen bei Hunden Lesen lernen Workbook – Katja Krauss & Gabi Maue (Klick mich!)
Das kleine Buch der Hundesprache – Lili Chin (Klick mich!)
Calming Signals: Die Beschwichtigungssignale der Hunde – Turid Rugaas (Klick mich!)
Ausdrucksverhalten beim Hund: Mimik und Körpersprache, Kommunikation und Verständigung – Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen (Klick mich!)